Der große Bildteppich aus dem Mittelalter gehörte über Jahrhunderte zu den besonderen Schätzen der Elisabethkirche in Marburg. In acht Feldern zeigt er die Geschichte vom verlorenen Sohn, welche Jesus seinen Jüngern als Gleichnis erzählte. In den kleineren Szenen der umlaufenden Borte, deren unterer Teil verloren ist, sind heute noch neun Stationen eines Ritterlebens zu entdecken, vom Wickelkind bis zum Grab.
Der Ort der Herstellung und die ursprüngliche Art der Verwendung des Teppichs sind unbekannt. In Marburg hieß es lange Zeit, dass die Heilige Elisabeth selbst an dem Teppich gearbeitet habe. Tatsächlich aber ist er circa 200 Jahre jünger. In den Dokumenten taucht er erst 1543 auf, als er in einem Kasten lagerte. Als spätere Verwendung ist 1811 belegt, dass zwei große Teile vor dem Hochalter ausgelegt wurden, wenn die Abendmahlsfeier stattfand. Zu Beginn wird er jedoch an einer Wand gehangen haben. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Geschenk einer sehr wohlhabenden Person oder Familie zur Zeit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der Inhalt, welcher deutlich die Beziehung von Mann und Frau anspricht, deutet nicht auf einen geistlichen Orden als Auftraggeber hin. 1919 wurde der Teppich von Dieben erneut zerschnitten und Teile verschwanden. Nach einer glücklichen Wiederentdeckung 1922 kam es ab 1927 zur Ausstellung im Universitätsmuseum. 1960 fand die Zusammenfügung und bisher letzte Restaurierung statt. (CO)
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