Mit der 68er-Bewegung avancierte das Megafon zum Instrument der freien Meinungsäußerung und Symbolobjekt des Protestes und der Auflehnung. Das Megafon war damals auf Demonstrationen und sogenannten Teach-ins allgegenwärtig. Die studierende Jugend von 1968 begriff eine wesentliche Tatsache der bis heute andauernden politischen und gesellschaftlichen Entwicklung: Nicht wer und was gesagt wird, ist in einer Auseinandersetzung entscheidend, sondern wer und was gehört wird.
Vom 18. bis zum 20. April 1968 stellten sich Marburger Studierende, die bei den Osterunruhen nach dem Attentat auf Rudi Dutschke dabei gewesen waren, auf den Obermarkt und berichteten durch das Megafon, was sie in München und Frankfurt erlebt und gesehen hatten. Am 4. Mai 1968 wurde im Hörsaalgebäude der Philipps-Universität der Bundestagsabgeordnete und Oberbürgermeister Georg Gaßmann (1910–1986) angeprangert. Die studentischen Ankläger hatten sich die Mikrofonhoheit gesichert und konnten entscheiden, ob Gaßmann zu Wort kam oder nicht. Am Tag zuvor hatten 300 Studierende den Autoverkehr auf dem Marburger Marktplatz dadurch behindert, dass sie sich auf die Straße legten. Sie forderten eine Aussprache über die Notstandsgesetze, die gerade im Bundestag beraten wurden. (CB/SI)
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